Produktprüfung: Geschäftsführerin Marie-Christine Mantler und Geschäftsführer Stefan Boos testen auch selbst. © Andrea Sturm
Mehle und Backmischungen sind nach wie vor das Hauptgeschäft der Mantler-Mühle, dazu kommen Mohn- und Nussfüllungen, das mengenmäßig geringere, aber wichtige Segment der glutenfreien Produkte sowie Tiefkühlkuchen und TK-Krapfen. „Wir bedienen unterschiedliche Marktsegmente, daher sind wir nicht so anfällig für Krisen in einzelnen Bereichen“, erklärt Marie-Christine Mantler, die das Unternehmen seit 2017 leitet.
Nach einem kombinierten Studium von Wirtschaft und Rechtswissenschaften begann sie 2010 mit ihrer Arbeit in der Mantler-Mühle. In der Vertriebsgesellschaft Komplet-Mantler teilt sie sich die Geschäftsführung mit Stefan Boos, der vom deutschen Partner Komplet in das Waldviertler Unternehmen kam.
Die Partnerschaft mit demnorddeutschen Unternehmen Abel + Schäfer – Komplet besteht bereits seit 1966. Anfangs erfolgte die Zusammenarbeit auf Lizenzbasis: Die Mantler-Mühle mischte die Komplet-Mischungen wie Dreisaat- oder Sechskorn und verkaufte sie, teils mit regionalen Anpassungen, in Österreich. Mit dem EU-Beitritt wurde die Zusammenarbeit in ein Joint-Venture umgewandelt.
Familiär: Marie-Christine Mantler und Christina Mantler (Marketing) vor einer historischen Mühlenansicht. © Andrea Sturm
Das lose Mehl der Mantler-Mühle wird vorwiegen aus regionalem Getreide erzeugt und in einem Umkreis von etwa 200 Kilometern verkauft. Die Sackware wird in ganz Österreich ausgeliefert. Der Exportanteil aller Produkte beträgt mittlerweile um die 50 Prozent. Hauptexportländer sind dabei Ungarn und die Länder des ehemaligen Jugoslawien. In Ungarn gibt es bereits seit 1991, lange vor dem EU-Beitritt beider Länder, eine eigene Vertriebsfirma.
Beim internationalen Geschäft ist es auch wichtig, auf regionale Vorlieben einzugehen, daher werden die Produkte an den lokalen Geschmack angepasst. Aber auch heimische Abnehmer können ihre eigenen Vorstellungen einbringen: Die Entwicklung von Backmischungen ist schon ab 500 Kilo Abnahmemenge möglich.
„Das ist ein großer Vorteil, den wir unseren Kunden bieten können – sie müssen keine Großabnehmer sein, um ihre eigenen Ideen verwirklichen zu können“, erklärt Marie-Christine Mantler.
Analyse und Entwicklung
Im hauseigenen Labor werden sowohl die Rohstoffe als auch die Produkte analysiert und kontrolliert. Die Prüfung der Backeigenschaften, Mykotoxinanalysen und die Qualitätskontrolle der Ausgangsware erfolgt laufend. „Wir schicken aber auch mindestens einmal jährlich Muster an die Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung und sind beim europäischen Getreidemonitoring dabei, das gehört zur Qualitätssicherung in einem IFS-zertifizierten Betrieb. Die externen Abgleiche geben uns auch die Sicherheit, dass unsere Analysen korrekt sind“, erklärt Marie-Christine Mantler.
Gleich angrenzend ist die Mühlen-Backstube, in der Produkte nicht nur laufend unter realen Verhältnissen auf Qualität und Eigenschaften getestet, sondern auch Innovationen entwickelt werden. Vor dem Launch werden die Produkte auch von der Familie und den MitarbeiterInnen verkostet. „Das ist manchmal ein Härtetest“, schmunzelt Marie-Christine Mantler, „besonders bei den glutenfreien Produkten.“ In den Verkauf kommen die Produkte erst, wenn auch die Mitarbeiter gerne hineinbeißen.
„Wir können die technologische Qualität garantieren, aber wenn es nicht schmeckt, wird es sich auch nicht verkaufen“, ist Marie-Christine Mantler überzeugt.
Erfolgsträchtige Nischen
Grundzutaten für köstliche Kekse sind ein Beispiel für die glutenfreie Linie der Mantler-Mühle. © Mantler
Bereits 1989 erkannte man in der Mantler-Mühle das Potenzial glutenfreier Produkte. Mehle und Backmischungen ohne Gluten sind heute zwar immer noch eine Nische, aber dennoch ein kräftiges Standbein des Waldviertler Traditionsbetriebs. Mittlerweile gibt es auch einen Onlineshop speziell für solche Mehle und Backmischungen.
Zielgruppe sind sowohl Konsumenten als auch kleinere Bäckereien und Konditoreien, die zusätzlich ein glutenfreies Sortiment anbieten wollen. Produzenten, die sich nicht den Hürden einer nachweislich glutenfreien Produktion unterziehen wollen, empfiehlt Marie-Christine Mantler das Attribut „weizenfrei“: „Nicht jeder Betrieb kann eine komplett getrennte Produktion für glutenfreie Produkte aufziehen. Mit ‚weizenfreien‘ Produkten kann man zwar keine Zöliakie-Patienten bedienen, aber Betroffene von Weizenallergie oder -sensitivität können diese Produkte konsumieren“, erklärt Marie-Christine Mantler.
In der Entwicklungsabteilung wird laufend an neuen Produkten gefeilt, doch nicht alles lässt sich einfach umsetzen. „Wir forschen schon länger an einer laktose- und glutenfreien Backmischung für Krapfen, aber die gewohnt fluffige Konsistenz und den typischen Geschmack haben wir bisher nicht hingekriegt“, erzählt Mantler, „wir forschen weiter.“
Regionalität jenseits des Marketings
Als im September des Vorjahres das Hochwasser vom Kamp her kam und die Mühle lahmlegte, zeigte sich die Wichtigkeit von langjährigen Beziehungen und regionaler Vernetzung besonders. Bauern aus der Umgebung räumten mit ihren Traktoren den Schlamm vom Firmenhof, bevor dieser hart werden konnte, und auch die Technik wurde mit Hilfe lokaler Unternehmen schnell repariert.
„Vom Schaden bis zur kompletten Wiederaufnahme des Betriebs hat es ungefähr drei Wochen gedauert”, erinnert sich Marie-Christine Mantler, „nur die Turbine, mit der wir Wasserkraft erzeugen, war etwas länger außer Betrieb.“ Weil alles so gut und schnell über die Bühne ging, organisierte sie ein Abendessen für alle Mitarbeiter und Helfer. „Das ist die Stärke eines Familienbetriebs, dass man verwurzelt und fest verankert ist. Das ist ein Geben und Nehmen“, so Marie-Christine Mantler.
Es gilt, auch weiterhin das Ohr am Puls der Zeit zu haben, ist Marie-Christine Mantler überzeugt: “Gesunde Ernährung und alternative Proteine sind derzeit wichtige Themen. Das wollen wir natürlich auch bedienen - aber mit dem Zusatzanspruch, dass es auch schmeckt,” betont sie.